31.8.05

Warum in Österreich so viele Minivans unterwegs sind

Autos sind teuer. Deshalb versuchen ihre Besitzer immer Geld zu sparen. Der österreichische Staat leistet dabei tatkräftig Unterstützung.

Doch bevor man Geld ausgeben kann, muss man es zuerst einmal haben. Deshalb gibt es in Österreich hohe Steuern auf den Erwerb von Autos. Zum Nettoverkaufspreis kommen zunächst einmal durchschnittlich 9 % Normverbrauchsabgabe (Nova) hinzu. Auf die sich ergebende Summe werden dann noch einmal 20 % Mehrwertsteuer aufgeschlagen. Das bedeutet, dass der Staat durchschnittlich 31 % Steuern für neue Autos kassiert.

Doch wie bei den meisten Steuern gibt es Wege, diese zu vermeiden. Unternehmer bezahlen kann bekanntlich für Betriebsgüter keine Mehrwertsteuer. Das bedeutet, sie können sich die schon bezahlte Mehrwertsteuer als sogenannte Vorsteuer vom Finanzamt wieder zurückholen. Das bedeutet ca. 17 % Ersparnis bei Autokauf.

Doch so einfach, macht es Österreich seinen Unternehmern dann doch nicht: Normale Pkw sind nicht "vorsteuerabzugsberechtigt", da diese "bekanntermaßen überwiegend privat genutzt werden". Damit ein Kraftfahrzeug zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, muss es steuerlich entweder als Bus oder als Lkw eingestuft werden. Doch welcher Privatmann kauft sich schon einen Bus? Nun, es ist viel einfacher: Steuerlich gilt ein Fahrzeug schon als Bus, wenn es die Möglichkeit bietet, mindestens 7 Personen zu befördern. Dabei muss man nicht einmal sieben Sitzplätze haben, sondern es reicht aus, wenn es im Auto die theoretische Möglichkeit gibt, 7 Sitze zu montieren. Dies trifft auf praktisch alle Minivans zu. Wer auch noch die Nova sparen möchte, der lässt die hinteren Fenster einfach verblechen. Dann gilt der Wagen steuerlich als Lkw und man spart insgesamt fast 30 %.

Doch nicht jedes Fahrzeug mit 7 Sitzen wird steuerlich als Bus anerkannt. Die beliebten Kompaktvans à la Opel Zafira, VW Touran, Toyota Corolla Verso oder Mazda 5 sind dem Finanzamt dann doch zu klein und werden nicht anerkannt. Mit 7 Sitzen müssen nämlich noch rund 200 Liter Kofferraum zur Verfügung stehen. Daraus ergibt sich, dass vorsteuerabzugsberechtigte Fahrzeuge mindestens 4,70 m lang und 1,6 t schwer.

Dass solche Ungetümer nicht gerade Spritsparmeister sind, leuchtet wohl jedem ein. Doch dem Unternehmer ist es egal, spart er mit diesen Autos ja nicht nur bei der Anschaffung, sondern auch bei den laufenden Kosten jedesmal die Vorsteuer ein. Ein Minivan mit 8 l/100 km Verbrauch kostet damit so viel wie ein Kompaktklasseauto mit rund 6,7 l/100 km Verbrauch. Doch der Umwelt ist das ganz und gar nicht egal.

Im Klartext heißt das: Das österreichische Steuerrecht ist einer der größten Feinde des Klimas, denn es fördert große, spritfressende Autos.

Es folgt ein kleines Rechenbeispiel für alle, die es nicht glauben können. Als Beispiel habe ich zwei Autos von Toyota verglichen. Toyota deshalb, weil eines der Autos, der Toyota Prius, das derzeit wohl umweltfreundlichste Auto auf dem Markt darstellt.

Der Toyota Prius ist ein sehr komfortables Auto der unteren Mittelklasse, in der Größe vergleichbar mit einem VW Bora oder einem 3er BMW. Für eine vierköpfige Familie stellt er ein absolut ausreichendes und modernes Auto dar, das über viel Fahrkomfort und einzigartige Features verfügt. Der Prius verfügt über einen Hybridantrieb, das heißt, dass ein Elektromotor so oft wie möglich die Arbeit des Benzinmotors übernimmt oder ihn unterstützt. Mit diesem modernen Konzept kommt der Prius auf einen Verbrauch von nur 4,3 l/100 km - Benzin wohlgemerkt! Kein anderes Familienauto schafft das. Dank Benzin als Treibstoff gibt es auch kein Problem mit Rußpartikeln. Der Prius ist nichr vorsteuerabzugsbrechtigt. Das heißt, er kostet praktisch immer rund € 27.000.

Das Gegenstück zum Prius ist der Toyota Avensis Verso. Dabei handelt es sich um einen Minivan der kleineren Sorte, in der Größe vergleichbar mit dem VW Sharan, Ford Galaxy, Seat Alhambra, Renault Espace, Peugeot 807, Citroen C8, Fiat Ulyssee usw. Der Wagen ist serienmäßig mit 5 Sitzen ausgestattet, gegen Aufpreis sind zwei weitere Sitze erhältlich. Der Avensis Verso wird praktisch nur mit Diesel-Motor verkauft, weil der Benziner extrem viel verbraucht. Der Verbrauch liegt bei ca. 6,5 l/100 km, also ca. 50 % über dem Verbrauch des Prius. Die Diesel-Version kostet rund € 29.000 inklusive Steuern, also rund € 2.000 mehr als der Prius. Unternehmer ziehen davon aber die Vorsteuer ab. So kostet Unternehmern der Wagen nur mehr rund € 24.000. Bis 2004 konnte man zudem oft noch eine Investitionszuwachsprämie geltend machen, was den Nettokaufpreis um weitere 10 % auf weniger als € 22.000 drückte. Dazu kommt, dass man diesen Wagen in nur 5 Jahren abschreiben darf, während der Prius auf 8 Jahre abgeschrieben werden muss. Dies bringt eventuell weitere steuerliche Zins-Vorteile. Diese wollen wir aber hier einmal außer Acht lassen, weil sie nur geringe Beträge ausmachen.

Man sieht also deutlich, dass der spritfressende Minivan mindestens € 2.000 billiger ist als das umweltfreundliche Hybridauto. Und diese Differenz kassiert nicht Toyota, sondern das Finanzamt! Das Finanzamt kassiert rund € 4.000 auf Kosten der Umwelt!

Wer jetzt argumentiert, dass die laufenden Kosten des Avensis Verso höher seien, als die des Prius, hat den laufenden Vorsteuerabzug nicht berücksichtigt. Wenn man diesen auch mitrechnet, so beträgt der Unterschied im Verbrauch nur mehr rund 1 l. Und dass Diesel ja meist immer noch ein wenig billiger ist als Benzin habe ich dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Sicher, einen Teil des Vorsteuerabzugs verliert man wieder durch die Berücksichtigung des Privatanteils. Dafür darf man auch auf Servicekosten, Reifen, Parkgebühren usw. die Vorsteuer abziehen.

So, jetzt habe ich das Geheimnis gelüftet, warum auf Österreichs Straßen so viele Minivans unterwegs sind und der Finanzminister auf Kosten der Umwelt sein Budget saniert.

P. S.: Ich fahre einen Toyota Avensis Verso. Gerne hätte ich mir einen Toyota Prius gekauft, der für mich auch ausgereicht hätte, aber im Zweifel ist das eigene Geldbörsel dann doch näher als die Umwelt.

30.8.05

Warum Kinder zwischen 10 und 14 Jahren nicht mit Autos mitfahren dürfen

Das Kraftfahrgesetz (KFG) gibt im § 106 Vorschriften zur Beförderung von Kindern. Diese Vorschriften sind äußerst kurios.

Zunächst wird im Absatz 1a festgelegt, dass Kinder unter 12 Jahren generell nicht in der ersten Sitzreihe sitzen dürfen. Im Absatz 1b steht dann, dass Kinder unter 12 Jahren, die kleiner als 150 cm sind, mit einem Kindersitz zu befördern ist ("... dem Alter und Gewicht ensprechend..."). Der Absatz 1e ist dann fast eine wörtliche Kopie des Absatzes 1b, nur ist hier die Altersgrenze auf 14 Jahre angehoben.

Es ist schon kurios, dass ein Gesetz zwei gleichlautende Absätze enthält, bei dem ein Absatz (1e) den anderen (1b) aufhebt.

Zu diesem Gesetz gibt es Durchführungsbestimmungen, die im Februar 2001 vom Verkehrsministerium erlassen wurden. Darin wird festgestellt, dass nur Kindersitze der ECE-Norm verwendet werden dürfen. Eine Ausnahme wird festgelegt, dass Kinder ab 135 cm Körpergröße, auch ohne Kindersitz befördert werden dürfen, wenn der Gurt oder Sitz höhenverstellbar ist, sodass der Gurt nicht über den Hals des Kindes verläuft.

Soweit so gut. Nun aber zur Praxis:

Kindersitze gibt es in verschiedenen Klassen. Die größte Klasse ist nur für Kinder bis 12 Jahre oder einem Gewicht von 36 kg zugelassen. Kindersitze für größere Kinder gibt es schlicht nicht.

Schon mit 10 Jahren sind viele Kinder schwerer als 36 kg, aber noch deutlich kleiner als 150 cm. Viele übergewichtige Kinder erreichen diese Gewichtsgrenze schon viel früher. Jedenfalls dürfte wohl jedes nicht magersüchtige Kind eine gar nicht so kurze Phase haben, in der es mehr als 36 kg wiegt, aber kleiner als 150 cm ist.

Die Ausnahmebestimmung bezüglich höhenverstellbarer Gurte geht auch an der Praxis vorbei: Bei den wenigsten Autos sind die Gurte an den Rücksitzen höhenverstellbar (Hallo Autohersteller! Das ist praxisfremd!). Höhenverstellbare Gurte und Sitze sind bei den meisten Autos auf den Vordersitzen jedoch Standard. Kinder unter 12 Jahren dürfen dort aber erst recht nicht befördert werden. Zwischen 12 und 14 ist immerhin diese Lösung machbar.

Was macht nun der besorgte Vater oder die besorgte Mutter, wenn sie ihr großes Kind gesetzeskonform befördern wollen? De facto muss das Kind zu Fuß gehen. Zwar stellt die oben erwähnte Verordnung fest, dass in diesem Fall Kinder halt die Sitze bis 36 kg verwenden sollen, doch sind diese Sitze für viele Kinder schlicht zu klein. Außerdem: Wer haftet bei Unfällen? Findige Unfalllenker können sich um das Schmerzensgeld für verletzte Kinder dieses Alters leicht drücken, indem sie auf die nicht ordnungsgemäße Verwendung des Kindersitzes verweisen. Was ist, wenn der Kindersitz selbst für Verletzungen sorgt? Kein Hersteller wird dafür haften.

Jedenfalls ist das ein schönes Beispiel für ein nicht durchführbares Gesetz. Eine Teilschuld tragen dabei aber auch die Autohersteller: Wann sind endlich auch die Gurte der Rücksitze höhenverstellbar? Das kann doch auch keine Unmengen kosten. Opel macht es seit fast 30 Jahren vor!